Die Gedenktopografie der Stadt Essen weist eine Besonderheit auf, mit der sie im Rheinland ein Alleinstellungsmerkmal besitzt: Über das gesamte Stadtgebiet verstreut findet man so genannte Hinweistafeln, die an ausgewählten Orten an Ereignisse aus der NS-Zeit erinnern. Zumeist handelt es sich um schlichte Metalltafeln, die häufig in ca. 80 cm Höhe auf einem Ständer montiert sind. Ein sachlicher Text informiert den Leser über das Geschehen an diesem Ort in der NS-Zeit. Zwar gibt es mittlerweile in Aachen, in Erkelenz im Landkreis Heinsberg und in Herzogenrath im Landkreis Aachen ähnliche Systeme, die Essener Hinweistafeln unterscheiden sich aber dadurch, dass sie nicht Bestandteil eines « Weges gegen das Vergessen » o.ä. sind, den der Besucher abschreiten kann, sondern allgemein in das Stadtgebiet integriert sind. Gemeinsam haben sie mit den anderen Projekten jedoch das Konzept, dass durch die Tafeln die verschiedensten Aspekte der NS-Verfolgung und des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus widergespiegelt werden. Orte des Terrors und des Widerstands werden auf diese Art und Wiese im Stadtgebiet ‘markiert’ und sichtbar gemacht, wobei hauptsächlich die Information und weniger das Gedenken im Vordergrund stehen. Sie verorten die Stadtgeschichte und vernetzen zugleich verschiedene Themenbereiche und Personen miteinander. Bemerkenswert ist weiterhin das frühe Entstehungsdatum der Hinweistafeln. Sie wurden bereits Ende der 1980er Jahre aufgestellt. Damit war die Stadt Essen Vorreiter einer Entwicklung, die erst jetzt immer deutlicher erkennbar wird: Der Wandel der Gedenktopografien von Objekten, die vorwiegend eine Mahn- und Gedenkfunktion haben, hin zu Strukturen, bei denen die Information und das Erinnern im Vordergrund stehen. Dieser Wandel geht einher mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration und ihren Bedürfnissen an eine Gedenklandschaft. Ergänzt werden diese Hinweistafeln durch die sonst üblichen Gedenktafeln und Gedenkobjekte und durch einen Stadtführer, der über die Wiedergabe der Texte hinaus weitere, vertiefende Informationen zu den Ereignissen, auf die die Tafeln hinweisen, bietet. So einleuchtend dieses Konzept ist, gegen Vandalismus sind auch diese Tafeln nicht geschützt (zum Objekt).
Bis 2010 war die « Alte Synagoge » (zum Objekt)der zentrale Ort in der Stadt, wo die NS-Geschichte gezeigt und dokumentiert wurde, ähnlich hierin der Stadt Wuppertal. Seit der Wiedereröffnung des Gebäudes « Alte Synagoge » im Juli 2010 als « Haus der jüdischen Kultur » haben sich die Schwerpunkte verlagert. Hier werden nun in fünf Ausstellungsbereichen die Quellen jüdischer Traditionen, jüdische Feste, jüdischer « Way of Life », die Geschichte des Hauses und die Geschichte der jüdischen Gemeinde Essen dargestellt. Die NS-Zeit wird im neuen « Haus der Essener Geschichte » dokumentiert und gezeigt. Diese Verlagerung bildete sich in einem jahrzehntelangen Prozess heraus. 1913 eingeweiht wurde die Synagoge 1938 im Inneren zerstört. Äußerlich überstand das Gebäude sogar die intensiven Bombardierungen der Essener Innenstadt. Nach 1945 blieb sie lange Zeit als mahnende Ruine stehen. Mit der Übernahme durch die Stadt wurde das Gebäude als Ausstellungsstätte für Industriedesign genutzt. Erst 1980 wandelte sie sich zur Gedenkstätte und politisch-historischen Dokumentationsforum. Ab 1988, mit der Rekonstruktion des Inneren des Gebäudes, wurde ein weiterer Wandel eingeleitet, der schließlich in den Ratsbeschluss von 2008 mündete, das Gebäude zu einem « Haus der jüdischen Kultur » werden zu lassen.
Neben diesen beiden Kernen gibt es in Essen wie in vielen anderen Städten ebenso die STOLPERSTEINE des Frechener Künstlers Gunter Demnig. Seit 2004 werden sie im Stadtgebiet verlegt, wobei die Essener Initiativen über die Stadtgrenzen hinausreichen. Im August 2012 konnte für Frida Levy in Berlin-Wilmersdorf, auf Anregung aus Essen, ein STOLPERSTEIN verlegt werden. Hier lag ihre letzte Wohnung, aus Essen kommend. In Essen ist das Gedenken an sie durch die Frida-Levy-Gesamtschule (zum Objekt) präsent.
Eine ähnliche Initiative kann in dem Gedenkstein für das Essener Ehepaar in Minsk gesehen werden. Dort wurde im September 2011 eine Gedenktafel eingeweiht Bei Minsk wurde das jüdische Ehepaar ermordet. Wie über 120 weitere Essener Juden. Deshalb wurde die Anregung laut, dort einen entsprechenden Gedenkstein einzuweihen. Bislang ohne Erfolg.
Wie in keiner anderen Stadt im Rheinland ist das Gedenken an Nikolaus Groß und somit die Erinnerung an den Widerstand der katholischen Arbeiterbewegung in Essen verankert. Eine Straße ist nach ihm benannt (zum Objekt), ein Altenwohn- und Pflegeheim (zum Objekt), eine Schule (zum Objekt), eine Gedenktafel in der Pax Christi Kirche (zum Objekt), ein Gedenkfliesenbild im Papst Leo-Haus (zum Objekt) und eine Kapelle im Essener Dom (zum Objekt). Die Seligsprechung Groß’ 2001 löste im Rheinland einen Gedenkboom aus. Vielerorts wurden Gedenkobjekte für Nikolaus Groß, dem ersten Seliggesprochenen des Bistums, eingeweiht. Sie reichen von den Gedenkobjekten wie z.B. in Essen bis hin zu einem Musical und einem Oratorium, das 2011 in Duisburg uraufgeführt wurde.
Hans Hesse