Eine Besonderheit der Denkmaltopografie Aachens stellen die vielen Fotos von Gedenkobjekten zum I. Weltkrieg dar, die das Stadtarchiv vorhält. Zwar konnten zum größten Teil dieser Fotos keine heute noch existierenden konkreten Gedenkobjekte mehr gefunden werden (vermutlich im II. Weltkrieg vernichtet bzw. heute an unbekanntem Ort gelagert. So wurden z.B. die « Kriegergedächtnistafeln » bei der letzten Renovierung aus der Kirche St. Adalbert entfernt und ins Pfarrarchiv überführt), aber dennoch wird anhand dieser Fotos wie für kaum eine andere Stadt bzw. Landkreis im Rheinland das Ausmaß und der quantitative Umfang der ehemals existierenden Gedenklandschaft zum I. Weltkrieg deutlich (zum Beispielobjekt). Zählt man diese Fotos zu den Gedenkobjekten Aachens hinzu, dann macht allein die Gedenktopografie zum I. Weltkrieg in Aachen über 40% aller Gedenkobjekte aus. Ein derartig hoher Anteil wird für keine andere Stadt oder Landkreis im Rheinland erreicht. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass es sich bei dieser Gedenklandschaft um eine heute nicht mehr existierende Topografie handelt. Die überlieferten Fotos jedoch geben ein beredtes Zeugnis ab. Einige Institutionen seien als Beispiel genannt: Bergschule Aachen, Ingenieursschule für Bauwesen, Reichspost Düren, Reichspost Kapuzinergraben, katholischer kaufmännischer Verein, Montania, landwirtschaftliche Schule Aachen, Handwerkervereinigung Jugendfreunde, Ehrenmal der Jugendwehr, Ehrenmal der Metzgerinnungen, Ehrenmal des Gardevereins, Ehrenmal des Männergesangsvereins Orphea, katholischen Gesellenverein, Berufsfeuerwehr, Houben-Werke, Aachener Turngemeinde und diverse Kirchen. Schon diese kurze Auflistung zeigt signifikante Unterschiede zu der gegenwärtigen Gedenktopografie, wie sie sich im Stadtbild zeigt. Im Gegensatz zu heute waren in Bezug auf das Gedenken zum I. Weltkrieg nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche involviert. Diese Differenziertheit legt den Schluss nahe, dass sehr wahrscheinlich eine Person mehrfach auf den diversen Gedenktafeln und Mahnmalen genannt wurde, je nachdem, welchen Institutionen er im Berufsleben, in seiner Freizeit usw. angehörte. Die Fotos bilden die Komplexität dieses Weltkriegsgedenkens sehr genau und nachvollziehbar ab.
Die heutige Gedenklandschaft Aachens hat sich im Vergleich zur historischen Vorkriegstopografie komplett gewandelt. In Bezug auf das Gedenken an NS-Verfolgung und Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist die Stadt Aachen einen eigenen Weg gegangen. Unter dem Titel « Wege gegen das Vergessen » (www.wgdv.de) werden seit 2001 in der Stadt an ausgewählten Orten diverse Tafeln installiert, die an das jeweilige, spezifische Verfolgungsgeschehen in der NS-Zeit erinnern (eine ähnliche Idee wurde in Essen, in Erkelenz im Landkreis Heinsberg und in Herzogenrath im Landkreis Aachen umgesetzt). Zurück geht dieses Projekt auf einen Ratsbeschluss vom Oktober 1996. Zuvor hatten sich diverse Bürger und Initiativen mit Anträgen an die Stadt gewandt, für NS-Opfer Gedenkobjekte aufzustellen. Stattdessen wurde diese Idee geboren. Die VHS Aachen erhielt vom Rat den Auftrag, ein Konzept zu entwickeln. Konstituierender Bestandteil des Projektes ist die so genannte « Bürgerpartizipation ». D.h. in diesem Fall, dass alle interessierten Bürgerinnen und Bürger der Stadt aufgerufen waren, sich in Arbeitsgruppen an dem Projekt zu beteiligen. Im Sommer 1997 konnten die Arbeitsgruppen erste Ideen vorstellen. Die Schwierigkeit bestand in der Verortung der historischen Ereignisse mit der konkreten Geschichte von Personen. Ende 1997 informierte eine Ausstellung über die Ergebnisse, die im darauffolgenden Jahr die verschiedenen Gremien der Stadt durchliefen, so dass im August 1999 endgültig der Rat über das Konzept entscheiden konnte. 2000 einigte man sich auf die Texte und ab Frühjahr 2001 übernahm Prof. Klaus Endrikat die künstlerische Gestaltung. Bis Januar 2007 wurden 29 der 43 Tafeln angebracht. Eine ebenfalls im Zusammenhang mit diesem Projekt beschlossene pädagogische Arbeitsstelle « Wege gegen das Vergessen » konnte bislang nicht finanziert werden. Eine Ergänzung des Projektes stellt die so genannte Handy-Tour dar. Für 15 Tafeln in der Innenstadt können über das Handy entsprechende Informationen abgerufen werden. Durch dieses Projekt wurde die NS-Geschichte Aachens mit dem Stadtraum verortet. Bunker wurden ebenso mit einbezogen wie I. WK-Denkmäler und Friedhöfe. Die Aachener Idee zeigt einen Trend an, den man mit dem Wandel vom Gedenken und Mahnen zum Erinnern und Informieren beschreiben kann. Immer häufiger sind es nicht mehr Denkmäler, Mahnmale, Gedenktafeln o.ä., denen neben den NS-Dokumentationsstellen und/oder Museen einzig die Aufgabe zufällt, zu mahnen und zu gedenken, sondern immer öfter tritt der Aspekt der Information und des Erinnerns in den Vordergrund.
Neben diesen beiden Hauptkernen gibt es noch zwei Gedenkobjekte, die erwähnenswert sind. Am Katschhof hängt seit 1999 eine Tafel mit der Inschrift: « In Erinnerung an alle Aachener Frauen, die während des Krieges das Überleben der Menschen in unserer Stadt absicherten und nach Ende des Krieges dafür sorgten, Aachen wieder bewohnbar zu machen. ». Die Inschrift ist missverständlich. Soll hier der Trümmerfrauen gedacht werden? Dies wäre am ehesten noch zutreffend für die Zeit nach dem 8. Mai 1945. Die Inschrift verweist jedoch auch auf die Zeit während des Krieges. Kann diese Pauschalformulierung den historischen Ereignissen wirklich gerecht werden? Dies ist wohl eher zu verneinen. (zum Objekt)
Das zweite Gedenkobjekt befindet sich in St. Adalbert. Während draußen vor der Kirche eine Hinweistafel (zum Objekt Station 32 « Wege gegen das Vergessen ») steht, die an die Widerstandstätigkeit von Weihbischoff Josef Buchkremer erinnert, der hier als Jugendkaplan tätig und ab 1942 wegen seiner Äußerungen verhaftet und im KZ Dachau inhaftiert war, wird dieses Hinweiszeichen durch eine Ausstellung in der Kirche zu NS-Verfolgung und Kriegszerstörung ergänzt (zum Objekt).
Hans Hesse