Aus dem ca. 340 Gedenkobjekte zu NS-Verfolgung und Widerstand gegen das NS-Regime umfassenden Landkreis Kleve ragt die Stadt Kleve mit der ausdifferenziertesten Gedenktopografie heraus. Neben der häufig vorzufindenden Gedenkinfrastruktur zur NS-Verfolgung der jüdischen Bevölkerung mit Gedenkobjekten an der ehemaligen Synagoge, dem jüdischen Friedhof, den STOLPERSTEINEN des Künstlers Gunter Demnig, gibt es eine weitere Gedenkinfrastruktur, die das Gedenken an den katholischen Widerstand betrifft. In der Stifts- und Propsteikirche Mariä Himmelfahrt befindet sich eine Denkmal für die Klever Märtyrer. Straßennamen erinnern an Karl Leisner, von Galen, u.a., ebenso Schulnamen. Eine Gedenktafel ist Titus Brandsma gewidmet, womit auf eine weitere Besonderheit hingewiesen wird: der Ausformung einer grenzüberschreitenden Gedenklandschaft. Es gibt zahlreiche Berührungspunkte zwischen den Niederlanden und dem Landkreis Kleve, wie etwa in Rees und Straelen mit dem Fliegerhorst Venlo. Hierin hat der Landkreis ein Alleinstellungsmerkmal.
Dies besitzt er auch in der Ausformung einer Gedenktopografie, die an den katholischen Widerstand erinnert. Zahlreiche Gedenkobjekte erinnern im Landkreis an Menschen, die der katholischen Kirche angehörten und Widerstand leisteten. In Emmerich sind zwei Gedenkobjekte Kaplan Storm gewidmet. In Kevelaer werden auf dem „Portal der Versöhnung“ zahlreiche katholische Märtyrer genannt, Straßennamen in der Stadt erinnern an Edith Stein, von Galen, Karl Leisner und an Dietrich Bonhoeffer. Das Gleiche gilt für die Städte Kranenburg und Rees. In letzterer Stadt gibt es darüber hinaus noch eine Leisner-Gedenkskulptur und ein Gedenkobjekt zu Gerhard Storm. In keinem anderen Landkreis und sogar kreisfreien Stadt im Rheinland lassen sich so viele Gedenkobjekte zu dieser Thematik nachweisen.
Sehr ausgeprägt ist des Weiteren das Gedenken an Leni Valk, einem jüdischen Mädchen, das von den Nationalsozialisten ermordet wurde. In Goch, ihrem Heimatort, erinnern zwei Gedenkobjekte an sie: ein Schulname und eine Straße. Ebenso in Kleve. Und in Kranenburg-Zyfflich hängt in St. Martin ein Foto von ihr zusammen mit Titus Brandsma, Edith Stein, Karl Leisner und Wilhelm Frede.
Die Euthanasiemorde werden im Landkreise Kleve an zwei Orten thematisiert: in Bedburg-Hau, dem Sitz einer Rheinischen Landesklinik und in Emmerich.
Die Gedenklandschaft zur NS-Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im Landkreis Kleve unterscheidet sich in ihrer Ausprägung und Gedenkinfrastruktur nicht von der der anderen Landkreise und kreisfreien Städte im Rheinland. Sie ist verortet an oder auf den jüdischen Friedhöfen (Emmerich, Geldern, Kleve, Rees, Rheurdt und Uedem), den ehemaligen Synagogen (Geldern, Goch, Issum, Kleve und Rheurdt). STOLPERSTEINE gibt es in Geldern, Issum, Kerken, Kleve und Weeze (geplant für Uedem und Straelen). Eine Besonderheit ist sicherlich eine Erwähnung in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Kerken-Aldekerk. Dort werden unter der irreführenden Inschrift „Opfer in der Heimat“ die im Ort ansässigen und ermordeten jüdischen Familien erwähnt (ähnlich nur noch in Ruppichteroth im Rhein-Sieg-Kreis) aufgelistet.
Zwei Mahnmale seien an dieser Stelle gesondert genannt. In Goch steht in der Brückenstraße ein Denkmal, das ausweislich der Inschrift an die Opfer der Weltkriege, des NS-Regimes, der Vertreibung und „an die Bombennacht vom Februar 1945“ erinnert, und somit problematisch und undifferenziert sehr unterschiedliche Opfergruppen auf einem Gedenkobjekt vereint. In Straelen befindet sich eine Gedenkanlage, bestehend aus einem Kriegsgräberfeld und einem Denkmal, das an den I. und II. Weltkrieg erinnert, und einer angeblich in die Gedenkwand eingelassenen Urkunde, die die Namen der ermordeten Juden der Stadt auflisten soll, die in eine ähnliche Richtung des undifferenzierten Gedenkens weist.
Über die Gedenklandschaft zu NS-Verfolgung und Widerstand hinaus besitzt der Landkreis Kleve eine ausprägte Gedenktopografie zu den Weltkriegen, die erweitert wird durch Denkmäler, die an die Einigungskriege (Emmerich, Kleve), Befreiungskriege (Emmerich) und sogar an den Dreißigjährigen Krieg erinnern (Kerken). Unter den vielen I. WK-Denkmäler stechen das in Kleve von Mataré und das von der deutschen Wehrmacht zerstörte Denkmal hervor. Dem Thema Flucht und Vertreibung ist im Landkreis Kleve lediglich ein Gedenkobjekt (in der Stadt Kleve) gewidmet. Eine Miterwähnung findet sich auf dem weiter oben erwähnten Mahnmal in Goch.
Hans Hesse